Was geschieht, wenn die Temperatur der Ozeane um ein halbes Grad steigt?

Peter Pfleiderer, Foto: Falk Weiß

Peter Pfleiderer

2017 brachte die Hurrikansaison besonders viele Stürme, die recht kurz hintereinander auftraten und zum Teil auch sehr stark waren. Sechs davon waren schwere Hurrikane der Kategorie drei bis fünf, und am 8. September tobten mit Katia, Irma und Jose drei Hurrikane gleichzeitig über den Atlantik. Insgesamt starben mehr als 3.000 Menschen in dieser Sturmsaison, die wirtschaftlichen Schäden betrugen mehr als 200 Milliarden US-Dollar. Mich beschäftigt die Frage, ob solche Jahre in Zukunft als Folge des Klimawandels häufiger auftreten werden.

Um das zu untersuchen, muss man zunächst genau verstehen, wie Hurrikane entstehen und wie sie sich entwickeln. Wir wissen etwa, dass die Oberflächentemperatur des Ozeans die Windgeschwindigkeit und damit die Zerstörungskraft der Stürme beeinflusst. Hurrikane der Kategorie fünf können Windgeschwindigkeiten von mehr als 300 Kilometer pro Stunde erreichen. Der Klimawandel beeinflusst die Wetterbedingungen, die etwa zu höheren Ozeantemperaturen oder mehr Wasserdampf in der Atmosphäre und damit zu solchen gewaltigen Hurrikanen führen können.

Wir berechnen mit Klimamodellen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für solche Extremereignisse bei bestimmten Klimaszenarien ist. Indem wir derzeitige Klimabedingungen über 10.000 Jahre simulieren, können wir berechnen, wie häufig beispielsweise Hitzewellen zu erwarten sind und wie stark diese sind. Diese Ergebnisse vergleichen wir dann mit Simulationen unter den erwarteten Klimabedingungen der Zukunft oder Klimabedingungen ohne den Einfluss der Menschen. Anhand der Unterschiede können wir Aussagen darüber treffen, ob Extremereignisse künftig häufiger werden.

Auch für tropische Stürme sind solche Simulationen mit Klimamodellen prinzipiell möglich. Bisher gibt es allerdings kaum Klimamodelle, die solche Ereignisse gut abbilden. Schon auf kleinem Raum hat ein Hurrikan ganz unterschiedliche Windgeschwindigkeiten und auch die Regenintensität variiert innerhalb des Sturmgebiets sehr stark. Deswegen ist es unheimlich aufwendig, solche Phänomene in einem Modell korrekt darzustellen. Ich habe daher ein eigenes kleines Modell geschrieben, das Wetter- und Temperaturdaten des Ozeans und der Atmosphäre rechnerisch in Stürme umwandelt. Dieses Modell kann ich als Erweiterung der großen Klimamodelle nutzen, um die Entwicklung von Hurrikanen unter den jeweiligen Wetterbedingungen zu simulieren.

Solche Modellierungen bedeuten viel Arbeit am Computer. Jede Zeile und jedes Zeichen des von mir geschriebenen Codes müssen fehlerfrei sein, damit das Modell die Sturmprojektionen möglichst genau abbildet. Natürlich gibt es trotzdem immer irgendetwas zu verbessern. Danach gleiche ich mein Modell mit Wetter- und Satellitendaten aus der Vergangenheit ab und kann so überprüfen, ob es die Realität gut abbildet. Für ein einzelnes Modellierungsproblem kann dieser Arbeitszyklus aus Programmieren, Simulation und Abgleich einige Wochen dauern.

Erst wenn das Modell zufriedenstellend läuft, kann man sich den wirklich spannenden Fragen widmen. Was geschieht, wenn die Oberflächentemperatur der Ozeane um ein halbes Grad steigt? Oder auch sinkt? Wird es mit dem Klimawandel häufiger Hurrikane geben und werden diese insgesamt stärker?

Bisher sprechen viele Indizien dafür, dass die Stürme über dem Atlantik an Kraft gewinnen werden. In den kommenden Jahrzehnten wird die Oberflächentemperatur der Ozeane steigen und daraus ziehen die Stürme ihre Energie. Wärmere Luft kann mehr Wasser transportieren, sodass Regenmengen und Überschwemmungen zunehmen. In Kombination mit dem steigenden Meeresspiegel sind das gerade für die Inselstaaten der Karibik keine guten Aussichten. Eine andere Frage ist, ob die Stürme tatsächlich häufiger werden. Darin ist sich die Klimaforschung noch uneins. Wir brauchen noch mehr und bessere Daten, um dazu genaue Vorhersagen treffen zu können.

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