„Besonders hart trifft es die Länder, die am wenigsten zum Klimawandel beitragen“

Emily Theokritoff, Foto: Falk Weiß

Emily Theokritoff

Wer an die Karibik denkt, hat wohl zuerst tropische Strände, entlegene Inseln und blaues Wasser im Kopf. Doch die Karibik ist nicht nur ein Naturparadies, sondern gehört auch zu jenen Gebieten der Erde, die besonders stark von den Folgen des Klimawandels betroffen sind. Die Bevölkerung vor Ort muss auf diese Tatsachen reagieren und sich so gut wie möglich anpassen. In meiner Arbeit möchte ich herausfinden, welche Hürden und Herausforderungen die Menschen in der Region daran hindern – und wie diese Barrieren beseitigt werden könnten.

Schon heute sind die Karibischen Inseln stark vom Anstieg des Meeresspiegels bedroht. Viele Gebiete sind den tropischen Wirbelstürmen schutzlos ausgesetzt, die über die offene See heranfegen und aufgrund des Klimawandels an Kraft und Häufigkeit zunehmen. Einige der wichtigsten Einnahmequellen – der Tourismus und die Landwirtschaft – sind ebenfalls stark vom Klimawandel und von Naturkatastrophen gebeutelt. Finanzielle und institutionelle Einschränkungen in der Karibik erschweren es, sich an den Klimawandel anzupassen, soweit überhaupt möglich. Dabei haben diese Länder ihre Zukunft nicht selbst in der Hand. Wenn in den nächsten Jahren keine substanzielle Verbesserung der Klimaschutzziele der großen Klimasünder – wie China, die USA oder Europa – geschieht, wird die Erwärmung 1,5 Grad Celsius gegenüber den vorindustriellen Niveaus überschreiten und viele Inseln werden die Grenzen ihrer Anpassungsfähigkeit erreichen. Zudem gibt es in der Karibik weniger wissenschaftliche Untersuchungen und die Delegationen, die die Länder in internationalen Gremien wie etwa UN-Konferenzen repräsentieren, sind relativ klein. Sie können ihre Interessen daher weniger gut durchsetzen – obwohl sie ihre Forderungen vehement vertreten und diejenigen sind, die bisher am stärksten betroffen sind.

Eigentlich wollte ich während meiner Doktorarbeit viel in der Region unterwegs sein, Feldstudien betreiben und mit zahlreichen Menschen sprechen. Wegen der Corona-Pandemie musste ich umplanen und arbeite nun vor allem online, führe online-Umfragen, Interviews und Workshops aus der Ferne und sichte die Fachliteratur. Ich versuche trotzdem, mit so vielen Akteuren wie möglich aus den 15 Mitgliedsstaaten der Karibischen Gemeinschaft (CARICOM) zu sprechen. Meine Interviewpartner kommen aus regionalen Organisationen, die Fördermittel einwerben und Schutzprojekte umsetzen, aus Umweltbehörden und auch Forschungseinrichtungen.

Aus den bisherigen Gesprächen und Fachartikeln wird deutlich, dass vor allem die Finanzen eine wesentliche Hürde für die Karibikstaaten sind. Das ist vielleicht nicht überraschend – ohne ausreichende finanzielle Mittel ist es wohl immer schwierig, die Folgen des Klimawandels abzupuffern. Meine Befragungen zeigen aber zugleich, dass dahinter auch ein Mangel an Daten steckt. Wenn die Forderungen mit ausreichenden wissenschaftlichen Daten unterlegt werden könnten, wäre es für die Akteure vor Ort leichter, Geldmittel einzuwerben. Es gibt ja Förderprojekte – wie zum Beispiel den Green Climate Fund, der sich speziell an Entwicklungsländer richtet –, aber der Zugang dazu bleibt oft schwierig. Diese Mechanismen auf regionaler Ebene zu analysieren, zu verstehen und Auswege daraus zu finden, ist das Ziel meiner Arbeit.

Wie eine erfolgreiche Anpassung der Karibikstaaten aussehen könnte, ist schwierig zu beantworten und auch vom jeweiligen nationalen Kontext abhängig. Die Anbaumethoden in der Landwirtschaft werden sich ändern müssen, um die Ernte zu sichern. Die Fischerei ist ebenfalls schwer betroffen. Daher müssen Alternativen für den Lebensunterhalt der Menschen vor Ort gefunden werden. Jeder der 40 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner ist vom Klimawandel betroffen.

Als ich angefangen habe, mich als Forscherin mit dem Klimawandel zu befassen, war ich über viele Fakten erschüttert. Selbst, wenn wir ab heute keine Treibhausgase mehr ausstoßen, würde sich das Klima weiterhin ändern und daran müssen wir uns anpassen. Besonders hart trifft es die ärmsten Länder, die eigentlich am wenigsten zum Klimawandel beitragen. Es ist wichtig zu verstehen, mit welchen Maßnahmen die Klimafolgen abgemildert werden können. Sonst werden viele Gebiete in der Karibik und anderswo unbewohnbar.

Es gibt in letzter Zeit aber auch Entwicklungen, die Hoffnung machen. Die Fridays for Future-Bewegung macht mir zum Beispiel Mut. Das Thema wird auf die Straße getragen und endlich von vielen Menschen – und der Politik – wahrgenommen. Ich nehme selbst auch so oft es geht an den Demonstrationen teil. Außerdem hat sich China 2020 ambitionierte Klimaziele für die Zukunft gesetzt und die Ergebnisse der US-Wahlen machen wieder Hoffnung. All das lässt hoffen, dass rechtzeitig und ehrgeizig gehandelt wird.

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