Gutsgarten Hellersdorf - Freilandlabor und Gemeinschaftsgarten

In diesen letzten Sommertagen reifen die Tomaten in ihren holzumrahmten Hochbeeten, Wildbienen umschwärmen die Basilikumblüten und die Kohlköpfe haben eine beachtliche Größe erreicht. Eine junge Gärtnerin buddelt die letzten Kartoffeln aus einer großen Blechtonne, die ebenfalls zu einem Hochbeet umfunktioniert wurde. Es ist Erntezeit im Gemeinschaftsgarten Gut Hellersdorf.

Gärtnern in Hellersdorf, Foto: Falk Weiß

Grüne Insel, Ort des Lernens und der Begegnung

Seit 2016 wird hier, wo einst der Dorfkern von Marzahn-Hellersdorf war, gemeinschaftlich gegärtnert. Die kleine grüne Oase schmiegt sich an den Rand eines Gewerbegebiets, bis zu den Hellersdorfer Plattenbau-Wohnvierteln sind es nur wenige Minuten zu Fuß. Initiiert wurde das Gartenprojekt von den Pionieren des Berliner Urban Gardenings – dem PrinzessinnenGartenBau –, unterstützt vom Bezirk Marzahn-Hellersdorf. „Es kommen hier die unterschiedlichsten Menschen zusammen, vor allem Bewohnerinnen und Bewohner aus dem Stadtteil“, erklärt der Gartenkoordinator Daniel Dermitzel, der als Gärtner selbst viel Herzblut in das Projekt steckt.

Der Garten sei einerseits eine grüne Insel in der Stadt, zugleich aber auch Lernort und Treffpunkt für die Nachbarschaft. Hier lernen sich Menschen kennen, die sich ohne den Garten wohl nie begegnet wären. Im Sommer gibt es ein Freiluftkino, ein Ferienprogramm für Kinder und Grillabende. Es wird zusammen geerntet und gekocht. Wie sich der Garten in Zukunft weiterentwickeln soll, diskutieren alle Beteiligten regelmäßig miteinander aus.

Säen, jäten ernten, Foto: Falk Weiß

Ein weltweites Netzwerk

Seit 2020 wird das Projekt von Forscherinnen und Forschern der Humboldt-Universität zu Berlin auch wissenschaftlich begleitet und durch ein Förderprogramm finanziell unterstützt. Den Forschenden dient der Garten als eine Art Freilandlabor – ein sogenanntes „Living Lab“ – aus dem sie neue Erkenntnisse über die Entwicklung, Probleme, Erfolge und Konflikte solcher und ähnlicher Initiativen gewinnen. Hier und in weiteren „Reallaboren“ in Deutschland, Norwegen, den Niederlanden, Slowenien, Spanien, Südamerika, China und auf Kuba beobachten sie, wie durch Initiativen wie dem Gutsgarten „essbare Städte“ heranwachsen können. Die Living Labs zeigen, welche Konflikte auftreten können, wie sie gelöst werden und wie Behörden, Initiatoren und Anwohner miteinander agieren und kommunizieren, um die Projekte zu verwirklichen und langfristig zu etablieren. Die Ergebnisse ihrer Forschung fließen in das mittlerweile weltweit agierende Netzwerk der „Edible Cities“ ein, um die Idee der urbanen Nahrungsmittelproduktion voranzutreiben .

In den kommenden Monaten wird es für das Projekt in Hellersdorf besonders spannend: Der Garten muss umziehen. Auf dem bisher genutzten Gelände werden Wohnungen gebaut. Der neue Standort liegt nur wenige hundert Meter entfernt, neben dem historischen Gutsgarten, der rekonstruiert werden soll, und einer Kleingartenkolonie. Ein neues Wohngebiet entsteht, die Nachbarschaft verändert sich – und öffnet möglicherweise neue Räume für weitere Ideen und Möglichkeiten.

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